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Entwicklungsverläufe von mittelständischen Unternehmen - Gründungsforschung | 2012 Hemmnisse und Probleme bei Gründungen durch Migranten

Abgeschlossenes Forschungsprojekt

Ausgangslage

Die Zahl der Gründungen durch Migranten hat sich in den zurückliegenden Jahren günstiger entwickelt als die durch nicht Zugewanderte. Dadurch ist der Anteil der Migranten an den Gründern stetig gestiegen. Zudem haben sich die Gewichte der einzelnen Herkunftsländer der Gründer mit Migrationshintergrund verschoben. Waren Türken und Italiener lange Zeit die aktivsten Gründer, weisen seit dem EU-Beitritt der osteuropäischen Staaten Zuwanderer aus diesen Ländern das höchste Aktivitätsniveau auf. Vor diesem Hintergrund hat das IfM Bonn das Gründungsverhalten von Personen mit und ohne Migrationshintergrund analysiert, insbesondere im Hinblick auf migrantenspezifische Hemmnisse und Probleme.

Berufsständische Regelungen hemmen, verhindern aber kaum Gründungen

Die Analyse der rechtlichen Rahmenbedingungen zeigt, dass vor allem berufsständische Regelungen gründungshemmend wirken. Konkret erschweren spezifische Qualifikationsanforderungen im zulassungspflichtigen Handwerk und in einer Reihe von Freien Berufen jenen Migranten die Gründung eines Unternehmens, die die geforderten Qualifikationen nicht in Deutschland erworben haben und deren Abschlüsse hier nicht ohne aufwändige Verfahren anerkannt werden. Die gründungshemmende Wirkung dieser Regelungen konnte empirisch allerdings nur ansatzweise belegt werden. Auch angesichts einer überproportional hohen Beteiligung von Migranten am Gründungsgeschehen liegt der Schluss nahe, dass berufsständische Regelungen weniger zu einem Gründungsverzicht führen als vielmehr zu einer Verzögerung des Gründungsprozesses beitragen oder hoch qualifizierte Gründungsinteressierte dazu veranlassen, in Wirtschaftsbereiche auszuweichen, in denen keine qualifikationsbezogenen Hürden existieren.

Finanzierungsprobleme hindern Migranten häufiger an der (zügigen) Umsetzung ihrer Gründungspläne

Eine deskriptive Analyse der Gründe, warum Gründungsinteressierte ihre Gründungspläne rund ein Jahr nach Besuch einer Gründungsmesse (noch) nicht umgesetzt haben, zeigt, dass Migranten deutlich häufiger als nicht Zugewanderte Probleme im Finanzierungsbereich haben. So gaben 67,4% der Migranten (nicht Zugewanderte: 46,4%) an, dass die eigenen Finanzierungsmittel nicht ausreichten. 62,8% der Migranten (nicht Zugewanderte: 36,2%) hatten (noch) keine Fördermittel und 54,8% der Migranten (nicht Zugewanderte: 29,8%) (noch) keinen Kredit von einer Geschäftsbank erhalten. Das Auftreten von Finanzierungsproblemen führt, wie weitergehende multivariate Analysen zeigen, mit einer ähnlichen Wahrscheinlichkeit zum Abbrechen wie zum Hinausschieben von Gründungsplänen.

Migranten und nicht Zugewanderte mit weitgehend gleichen Gründungsproblemen konfrontiert

Obwohl Migranten und nicht Zugewanderte mit weitgehend gleichen Problemen während der Gründung konfrontiert sind, lassen sich zwei signifikante Unterschiede zwischen diesen beiden Gruppen identifizieren. Probleme im Bereich Steuern/Buchhaltung und im Bereich Finanzierung wurden häufiger von Migranten genannt. Es lässt sich damit festhalten: Finanzierungsprobleme verhindern oder verzögern die Gründungsumsetzung von Migranten und stellen damit eine wesentliche Eintrittshürde dar. Ist die Gründung einmal vollzogen, sind Migranten jedoch kaum stärker mit Finanzierungsproblemen konfrontiert als nicht Zugewanderte.

Die volle Arbeitnehmerfreizügigkeit für Bürger der osteuropäischen Beitrittsländer wird deren Gründungsaktivitäten einschränken

Die begrenzte Arbeitnehmerfreizügigkeit für Bürger der osteuropäischen EU-Beitrittsländer von 2004 und 2007 hat deren Gründungsverhalten positiv beeinflusst. Mit dem Wegfall dieser Regelung ist jedoch kein Ausweichen in die selbstständige Tätigkeit mehr erforderlich. Sinken die Gründungsaktivitäten der Zuwanderer aus diesen Ländern auf das Niveau der Türken und Italiener, ist mit einem spürbaren Rückgang der Gründungen insgesamt - um etwa 10 bis 15% - zu rechnen.