Direkt zu den Inhalten springen

Entwicklungsverläufe von mittelständischen Unternehmen - Gründungsforschung | 2010 Opportunitätskosten der sozialen Absicherung beim Übergang von Arbeitslosen in die berufliche Selbstständigkeit

Abgeschlossenes Forschungsprojekt

Zusammenfassung

Das IfM Bonn hat anhand von umfangreichen Simulationsrechnungen die Kosten der sozialen Absicherung geschätzt, die sich hierzulande aus dem Wechsel eines Beziehers von Arbeitslosengeld (ALG) I in die berufliche Selbstständigkeit ergeben. Dabei wurde die individuelle Perspektive des ALG I-Beziehers gewählt und das der Arbeitslosigkeit vorangegangene Jahresbruttoeinkommen als Basis für die Simulationsrechnungen verwendet. Die Berechnungen schließen verschiedene Einkommensstufen und Gruppen von Beziehern von ALG I, die sich in den Merkmalen Geschlecht, Alter und Familienstand unterscheiden, ein. Unter Opportunitätskosten werden dabei solche Kosten verstanden, für die ein potenzieller Selbstständiger im ersten Jahr seiner Selbständigkeit zusätzlich aufkommen muss, wenn er das gleiche Niveau an sozialer Absicherung erhalten möchte wie in der Arbeitslosigkeit. Die Analysen zeigen, dass in der weit überwiegenden Zahl der untersuchten Fälle die Entscheidung für die Selbstständigkeit mit positiven Opportunitätskosten einhergeht, sofern kein Gründungszuschuss bezogen wird. Wird hingegen der Gründungszuschuss in Anspruch genommen, ist ein Wechsel in die Selbstständigkeit für weit mehr Fallgruppen mit finanziellen Vorteilen verbunden.

Beträchtliche institutionelle Unterschiede in der sozialen Absicherung von Arbeitslosen und Selbstständigen

In Deutschland bestehen für Selbstständige und Arbeitslose beträchtliche institutionelle Unterschiede in der sozialen Absicherung. So sind die Bezieher von ALG I üblicherweise in der gesetzlichen Kranken-, Pflege-, Renten- und Unfallversicherung pflichtversichert. Selbstständige verfügen demgegenüber über mehr Wahlfreiheit. Zwar unterliegen sie mittlerweile einer Kranken- und Pflegeversicherungspflicht. Wie sie dieser nachkommen, ist ihnen aber mit wenigen Ausnahmen frei gestellt. Völlig frei können sie üblicherweise hinsichtlich ihrer Altersvorsorge entscheiden.

Jüngere und Alleinstehende profitieren

In der Mehrzahl der betrachteten Fälle geht ein Wechsel aus dem ALG I in die Selbstständigkeit mit positiven Opportunitätskosten der sozialen Absicherung einher. Lediglich bestimmten Gruppen alleinstehender Frauen und Männer ist es möglich, eine äquivalente soziale Absicherung unter den institutionellen Bedingungen der Selbstständigkeit günstiger umzusetzen als unter denen der Arbeitslosigkeit. Vor allem das Lebensalter, aber auch ein nicht erwerbstätiger Ehepartner oder Kinder erhöhen die Opportunitätskosten. Männer stellen sich i.d.R. günstiger als Frauen.

Fiktives Mindesteinkommen benachteiligt Geringverdiener

Während der Beitrag von ALG I-Beziehern zur gesetzlichen Krankenversicherung (als Teil der Sozialversicherungspauschale) unmittelbar von ihrem Einkommen abhängt, wird der Beitrag Selbstständiger unterhalb eines Mindesteinkommens von 15.120 Euro pauschal festgelegt. Es wird ein fiktives Mindesteinkommen unterstellt. Erst oberhalb dieser Grenze ist der Beitrag einkommensabhängig. Bei niedrigen Einkommen liegen die Opportunitätskosten daher auf einem, gemessen am Einkommen, hohen Niveau.

Gründungszuschuss senkt Opportunitätskosten

Der Gründungszuschuss, der Beziehern von ALG-I unter bestimmten Voraussetzungen bei der Unternehmensgründung gewährt wird, erhöht die Zahl der Fallgruppen, in denen der Wechsel in die Selbstständigkeit zu finanziellen Vorteilen aufgrund günstigerer Absicherungsmöglichkeiten führt. Allerdings erfahren Arbeitslose mit einem geringen früheren Arbeitseinkommen und gemessen an ihrem Einkommen hohen Opportunitätskosten wegen der weiteren Wirkung des fiktiven Mindesteinkommens keine Entlastung durch den Gründungszuschuss.