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Unternehmensnachfolge | 2007 Unternehmensnachfolge in Bayern

Abgeschlossenes Forschungsprojekt

Auftraggeber

Bayerisches Staatsministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie

Projektbearbeitung

In Kooperation mit  Dr. Freund, NFB: Nachfolge - Forschung - Beratung

Zusammenfassung

Die herausragende wirtschaftliche Position des Freistaates Bayern beruht u.a. auf einer hoch entwickelten Kultur der Selbstständigkeit. Um Kontinuität und Zukunftsfähigkeit der bayerischen Wirtschaft zu sichern, ist es erforderlich, die in den kommenden Jahren anstehenden Unternehmensübertragungen durch politische Maßnahmen zu flankieren, um zu vermeiden, dass die Nachfolge im Mittelstand zu einer krisenhaften Entwicklung in den betroffenen Unternehmen führt. Die Studie untersucht das Ausmaß der Unternehmensübertragungen in den kommenden Jahren in Bayern sowie die Chancen, die sich aus einer gut vorbereiteten und durchgeführten Unternehmensübertragung für Unternehmen ergeben.

In über 60.000 bayerischen Unternehmen steht bis 2010 die Nachfolge an

Im Freistaat Bayern gibt es ca. 350.000 eignergeführte bzw. mittelständische Familienunternehmen mit mehr als 50.000 € Jahresumsatz. Nach Hochrechnungen des IfM Bonn ist von 2006 bis 2010 in ca. 18 % dieser Familienunternehmen eine Unternehmensnachfolge zu erwarten. Dies sind 63.000 bayerische Familienunternehmen mit ca. 498.000 Mitarbeiter. 51 % der Unternehmen, die zum Zeitpunkt der Befragung den Generationswechsel planten, strebten eine familieninterne Nachfolgelösung an. Etwa 11 % der Inhaber, die ihren Ruhestand bereits plant, strebt eine Stilllegung des eigenen Unternehmens an. Die restlichen Senior-Unternehmer planen eine familienexterne Lösung.

Viele Kleinunternehmen bereiten sich nicht ausreichend auf den unerwarteten Nachfolgefall vor

Das Risiko, dass die Leitungsposition im Unternehmen plötzlich vakant wird, ist in allen Unternehmen zu jeder Zeit gegeben. Nach Hochrechnungen des IfM Bonn sind etwa 30 % sämtlicher Unternehmensübertragungen in Bayern unerwartet und daher meist ohne Vorbereitung. Entsprechend sind Vorkehrungen geboten, die sicherstellen, dass das Unternehmen eine solche Krisensituation unbeschadet überstehen kann. In den letzten Jahren haben sich Wirtschaftspolitik, Kammern, Verbände, Banken und weitere Akteure sehr dafür eingesetzt, das Risikobewusstsein in den Unternehmen zu stärken. Dies hat Wirkung gezeigt. So bestehen heute bereits in etwa 65 % der größeren Eigentümer- bzw. Familienunternehmen mit einem Jahresumsatz von 1 Mio. € oder mehr Stellvertretungsregelungen. Im Fall kleiner Unternehmen mit weniger als 1 Mio. € Jahresumsatz liegt der entsprechende Anteil aber noch bei unter 50 %. 

Unternehmensweitergabe an Mitglieder der Eigentümerfamilie nach wie vor die Regel. Unternehmensverkauf statt Unternehmensnachfolge gewinnt an Bedeutung

Erstmals wurde untersucht, wie der Kontakt zum Nachfolger zustande kam. In 70 % der abgeschlossenen Übergaben war der Nachfolger bereits im Vorfeld bekannt, typischerweise primär in der familien- oder unternehmensinternen Übernahme. In 15 % der Fälle hat sich das Unternehmen gezielt an den Nachfolger gewendet. Jeder 10. Nachfolger wurde über Dritte oder unter Einschaltung von Medien mit dem Unternehmen in Kontakt gebracht ("Matching" im engeren Sinne).

Eigenmittel sind der Schlüssel zur Finanzierung der Übernahme, vor allem Kleinunternehmen sind auf Fördermittel angewiesen

Die Nachfolge wird i.d.R. durch einen Mix unterschiedlicher Finanzierungsformen realisiert. Neben Eigenmitteln des Nachfolgers (52 %) kommen Bankkredite (23 %) aber auch Fördermittel (26 %) zum Einsatz. In gut jedem vierten Fall erfolgt die Unternehmensweitergabe in Form einer Schenkung oder durch Vererbung.

Nachfolger unterschätzen häufig die Schwierigkeiten der Weiterführung des übernommenen Unternehmens

Trotz intensiver Vorbereitung erleben die Junioren den Prozess des Generationswechsels meist anders, als sie es erwartet hätten. Die Unterstützung, die sie im Unternehmen und aus dem Unternehmensumfeld erfahren haben, hielt ihren Erwartungen eher nicht Stand. Negative Überraschungen erleben sie, weil sie die Höhe des Kapitalbedarfs, den Bedarf an Umstrukturierungen im Unternehmen und ihr vorhandenes unternehmerisches Know-how falsch eingeschätzt hatten. Ebenfalls unterschätzt wurden in vielen Fällen der Investitionsbedarf, der Schwierigkeitsgrad der Finanzierung sowie der Zeitbedarf für die Einarbeitung ins Unternehmen.

Unternehmensnachfolge ist häufig der Beginn einer positiven Veränderung der übernommenen Unternehmen

Trotz dieser unerwarteten Probleme berichteten die Nachfolger von positiven Entwicklungen. Nach der Übernahme entwickelten sie neue Ideen, Produkte und Verfahren (83 %). An zweiter Stelle rangieren positive Veränderungen im Bereich der Technologie in Produktion und Verwaltung (79 %). Etwa jedes zweite Familienunternehmen hat neue Märkte erschlossen, die Beziehungen zu Kunden und Lieferanten verbessert oder insgesamt die Rentabilität des Unternehmens erhöht. Ebenfalls in jedem zweiten Unternehmen geht die erfolgreiche Bewältigung des Generationswechsels mit einer Verbesserung des Arbeitsklimas einher. Lediglich die Finanzkraft des Unternehmens bleibt deutlich hinter den insgesamt positiven Veränderungen zurück.

Das Gutachten basiert auf einer Online-Befragung von bayerischen Unternehmen, an der sich 934 Unternehmen beteiligt haben. 170 dieser Unternehmen werden in den nächsten fünf, weitere 121 in den nächsten fünf bis zehn Jahren an einen Nachfolger / eine Nachfolgerin übergeben. In 78 der 934 Unternehmen hat bereits eine Nachfolge stattgefunden.