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Entwicklungsverläufe von mittelständischen Unternehmen - Wachstumsschwellen | 2009 Die Eigenverwaltung als Instrument zur Unternehmensfortführung im Insolvenzverfahren - Anwendungsziele und -hindernisse

Abgeschlossenes Forschungsprojekt

Zusammenfassung

Im Jahr 1999 wurde das Insolvenzrecht mit dem Ziel reformiert, die Fortführungschancen insolventer Unternehmen zu erhöhen. Als Sanierungsoptionen bieten sich zum Einen die Eigen- oder Fremdsanierung im Insolvenzplanverfahren und zum Anderen die übertragende Sanierung im Regelverfahren. Im Unterschied zum Normalfall der Verwaltung durch einen gerichtlich bestellten Insolvenzverwalter können diese Sanierungsvarianten mit einer sogenannten "Eigenverwaltung" durch den Schuldner verbunden werden. Bis dato liegen wenige Angaben zu Häufigkeit und Zielführung der Eigenverwaltung vor. Mit dem vorliegenden Beitrag werden Informationen über Inhalte und Ziele von Eigenverwaltungen sowie deren Verbreitung geliefert, nachdem in 2007 bereits ein grundlegender Forschungsbeitrag zum Thema Insolvenzplanverfahren in mittelständischen Unternehmen geliefert wurde. Es kann u.a. gezeigt werden, welche Umstände oder Unternehmensmerkmale einen Antrag auf Eigenverwaltung begünstigen und welche Hindernisse seitens der Gerichte und Gläubiger in Bezug auf das Vertrauen in eine redliche und kompetente Geschäftsführung auftreten.

Weiterhin geringe Nutzung der Eigenverwaltung

Anders als die Zahl der Insolvenzplanverfahren ist die Zahl der jährlich genehmigten Eigenverwaltungen zwischen 1999 und 2007 gesunken. So liegt die Quote der Eigenverwaltungen je 1.000 Insolvenzanträge und -verfahren bei unter 1 %. Im Jahr 2007 wurden 147 Eigenverwaltungen angeordnet, während deren Zahl im Jahr 2002 bei 253 lag. Somit bleibt zu konstatieren, dass dieses der Betriebsfortführung und Kostensenkung dienende Instrument, äußerst selten genutzt wird. Im bundesweiten Durchschnitt wird jährlich lediglich eine Eigenverwaltung pro Gericht angeordnet.

Skepsis gegenüber insolventen Unternehmen verhindert weitere Verbreitung

Zu dem Zeitpunkt, in dem der Richter (ggf. auch ein Gläubiger) über einen Antrag zur Eigenverwaltung entscheidet, liegen meist nur wenige gesicherte Informationen zur Sanierungsfähigkeit des Unternehmens bzw. zur Redlichkeit der Schuldner vor. Insolvenzanträge durch Gläubiger und hohe vorläufig angemeldete Forderungen weisen zwar auf eine unangemessene Reaktionsfähigkeit hin. Generelle Zweifel an der Redlichkeit der Unternehmer sind jedoch übertrieben, denn ein nicht unbedeutender Teil der Schuldner steht (offiziell) nicht unter Betrugsverdacht. Angesichts der Vorläufigkeit aller Informationen bei Antragstellung gestaltet sich die faktenbasierte Prüfung der Zuträglichkeit der Eigenverwaltung als schwierig. Die gesetzlich geforderte Prüfung sollte sich daher an den durchschnittlichen Resultaten von Regelverwertungen orientieren, denn eine möglichst hohe Befriedigung der Gläubiger bleibt das Ziel der Insolvenzverfahren. Die geringen Genehmigungszahlen wirken sich gleichsam negativ auf die Anzahl der Anträge auf Eigenverwaltung aus. Denn die Schuldner dürften die Chance auf Genehmigung einer Eigenverwaltung als tendenziell gering bewerten. Dies führt dazu, dass sanierungswillige Schuldner eher abgeschreckt statt zu einer frühen Insolvenzbeantragung motiviert werden. Hinzu kommt die Unsicherheit über die Bestellung eines vorläufigen Verwalters und ob dieser im Vorverfahren Maßnahmen zum Erhalt des Unternehmens einleitet oder unterlässt. Die Hürden für eine frühere Insolvenzbeantragung und der Mangel an offener Kommunikation im Vorfeld bleiben die Schwachpunkte bei der Entwicklung einer Sanierungskultur in Deutschland.

Die empirische Basis für die Analyse der Fragestellung bilden zwei Sonderauswertungen der amtlichen Statistik des Statistischen Bundesamtes sowie weitere Datenquellen.