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Mittelstand, Gesellschaft und Staat | 2012 Die Bedeutung des Kurzarbeitergeldes für den Mittelstand

Abgeschlossenes Forschungsprojekt

Ausgangslage

Im Zuge der Wirtschaftskrise 2008/09 wurde die Kurzarbeit nach § 170 SGB III deutlich attraktiver gestaltet und die maximale Bezugsdauer stark ausgeweitet. Hiermit sollte einem Anstieg der Arbeitslosigkeit durch massiven Arbeitsausfall in Folge einer sinkenden Nachfrage entgegen gewirkt werden. Da das Kurzarbeitergeld aus Mitteln der Arbeitslosenversicherung - und somit von allen Betrieben - finanziert wird, stellt sich die Frage, ob es von den Betrieben in Abhängigkeit von Beschäftigtenzahl und Wirtschaftsbereich unterschiedlich stark in Anspruch genommen wird. Sollte letzteres der Fall sein, wäre zu prüfen, ob hieraus eine Benachteiligung derjenigen Unternehmen resultiert, die das Kurzarbeitergeld nicht nutzen.

Kleine und mittelgroße Betriebe nutzen Kurzarbeit seltener als große Betriebe

Empirische Analysen zeigen, dass im Juni 2009 etwa 2,8 % aller Betriebe in Deutschland Kurzarbeit eingesetzt hatten. Dieser Anteil verringerte sich innerhalb eines Jahres um 0,8 Prozentpunkte, so dass im Juni 2010 noch 2,0 % aller Betriebe Kurzarbeiter beschäftigten. Insgesamt setzten also wenige Betriebe auf Kurzarbeit. Eine Betrachtung nach Betriebsgrößenklassen zeigt, dass diese Aussage vor allem für die kleinen und mittelgroßen Betriebe gilt: Von den kleinen Betrieben (1 bis 9 Beschäftigte) nutzten lediglich 1,6 % und von den mittelgroßen Betrieben (10 bis 499 Beschäftigte) 7,4 % im Juni 2009 Kurzarbeit. Unter den großen Betrieben setzte fast jeder Fünfte auf Kurzarbeit. Kurzarbeit wurde demnach umso häufiger eingesetzt, je größer der Betrieb ist.

Vorrangig Betriebe des verarbeitenden Gewerbes nutzen Kurzarbeit

Eine Betrachtung nach Branchen zeigt, dass Kurzarbeit in überwiegendem Maße im verarbeitenden Gewerbe - und hier schwerpunktmäßig in exportorientierten Branchen wie dem Maschinenbau, der Metallverarbeitung, der Elektrotechnik und dem Fahrzeugbau - eingesetzt wurde. In den Bereichen Handel, Dienstleistungen, Banken und Versicherungen kamen Kurzarbeiter selten zum Einsatz. Weiterführende Analysen ergaben einen deutlichen Zusammenhang zwischen der Betroffenheit eines Sektors von der Wirtschaftskrise und der Nutzung von Kurzarbeit: Je stärker ein Sektor von der Wirtschaftskrise im zweiten Quartal 2009 betroffen war, desto eher wurde Kurzarbeit eingesetzt.

Keine Benachteiligung des Mittelstandes

Da der Mittelstand die Vorteile von Kurzarbeit seltener nutzt, über die Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Arbeitslosenversicherung aber gleichwohl zu deren Finanzierung herangezogen wird, stellt sich die Frage, ob hier eine Benachteiligung des Mittelstandes vorliegen könnte. Diese Frage ist zu verneinen: Da Kurzarbeit aus ökonomischer Sicht eine spezielle Form der (Teilzeit-)Arbeitslosigkeit darstellt, ist das Kurzarbeitergeld solange als originäre Leistung der Arbeitslosenversicherung einzustufen, wie es nicht zu einer Leistungsakkumulation bzw. Aneinanderreihung von Kurzarbeitergeld und Arbeitslosengeld I kommt. Zu einer Benachteiligung bei Nichtinanspruchnahme der Leistung könnte es nur kommen, wenn es sich um eine versicherungsfremde Leistung handelte. In diesem Fall würden den (Pflicht-)Versicherten über die eigentliche Versicherungsleistung hinausgehende, zusätzliche Belastungen aufgebürdet. Das Kurzarbeitergeld ist demnach auch aus Sicht des Mittelstandes ein sinnvolles Instrument, um unabwendbare, nicht dauerhafte Ereignisse abzufedern.

Strenge Voraussetzungen für den Bezug von Kurzarbeitergeld

Um möglichen Ineffizienzen und missbräuchlicher Inanspruchnahme entgegen zu wirken, sollte an den strengen Vorgaben des SGB III und der (im Regelfall) engen zeitlichen Befristung für die Gewährung von Kurzarbeitergeld festgehalten werden. Eine Leistungsakkumulation von Kurzarbeitergeld und Arbeitslosengeld I ließe sich vermeiden, wenn der Leistungsbezug einer der Arbeitslosigkeit vorausgehenden Phase der Kurzarbeit auf die Ansprüche aus Arbeitslosengeld I (anteilig) angerechnet würde.