Auftraggeber
Kommission der Europäischen Union (Generaldirektion Unternehmen und Industrie), beauftragt durch Konsortialführer Oxford Research AS (Norwegen)
Zusammenfassung
Cluster sind Netzwerke von Produzenten, Zulieferern, Forschungseinrichtungen, Dienstleistern und verbundenen Institutionen einer Region, die sich über gemeinsame Austauschbeziehungen entlang einer Wertschöpfungskette (z.B. Automobilproduktion) bilden. Aufgrund der engen regionalen Vernetzung und Interaktion gehen von Clustern oftmals wichtige Impulse für die Entwicklung von neuen, innovativen Produkten, Dienstleistungen und Prozessen aus.
Die Europäische Kommission hat im Rahmen der übergeordneten Initiative "Europe INNOVA" eine Reihe von Projekten ins Leben gerufen, mit denen die Clusterpolitik unterstützt und die europäische Innovationslücke geschlossen werden soll. Wesentliches operatives Ziel ist die Förderung der praktischen Zusammenarbeit zwischen bestehenden Clustern auf europäischer Ebene sowie die Unterstützung und Vernetzung der europäischen Schlüsselakteure in dem Bereich "unternehmerische Innovation".
Das innerhalb der "Europe INNOVA"-Initiative in 32 europäischen Ländern durchgeführte "Cluster Mapping"-Projekt verfolgte das Ziel, die Informationsgrundlage über regionale Cluster und Clusterpolitiken in den untersuchten Ländern mit dem Aufbau einer statistischen Datenbasis, einer Bestandsaufnahme von Politikmaßnahmen und involvierten Institutionen sowie Fallstudien zu regionalen Clustern zu verbessern.
Generierung der Datenbank zu regionalen Clustern in Europa
Unter Anwendung der Methodik, die Porter (Harvard Business School) für das US Cluster Mapping Project entwickelt hat, wurde erstmals nach einheitlichen Maßstäben eine statistische Bestandserhebung von regionalen Clustern in den untersuchten 32 europäischen Ländern durchgeführt. Die Daten wurden in eine Datenbank eingespeist, so dass es nunmehr möglich ist, Clusterrecherchen nach Ländern, Technologiebereichen und Güte der Cluster durchzuführen. Für Deutschland wurden insgesamt 1.519 regionale Cluster identifiziert und in die Datenbank aufgenommen.
Überblick über nationale und regionale Politikmaßnahmen und Institutionen im Bereich "Clusterentwicklung"
In allen beteiligten europäischen Ländern wurden die institutionellen Rahmenbedingungen der Clusterpolitik auf nationaler und regionaler Ebene mittels Experteninterviews untersucht. Die Länderberichte informieren jeweils über die wichtigsten nationalen und regionalen Clusterprogramme, stellen die Institutionen vor, die mit der Gestaltung und Implementierung der Clusterpolitik befasst sind und analysieren die Bedeutung der Clusterpolitik im Kontext der allgemeinen Wirtschaftpolitik sowie innerhalb sonstiger Politikfelder (z.B. Technologie, Regionalentwicklung, Mittelstand).
Fallstudien ausgewählter regionaler Cluster in Europa
In Fallstudien wurden 25 ausgewählte regionale Cluster daraufhin näher analysiert, ob und inwieweit die Zugehörigkeit zu einem Cluster hilfreich ist, neue Märkte und Wissensquellen zu erschließen. Eine Fallstudie aus Deutschland beschreibt das bundesländerübergreifende Cluster "Chemie/Kunststoffe Mitteldeutschland", dem rund 750 Betriebe der Chemie- und Kunststoffbranche in Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Brandenburg angehören. Diese Betriebe erwirtschaften einen Jahresumsatz von rund 18 Mrd. EUR und beschäftigen ca. 71.000 Mitarbeiter. In die Erneuerung und Errichtung modernster Anlagen sind seit 1990 - unterstützt durch Fördergelder des Bundes und der Länder - fast 17 Mrd. EUR geflossen. Das Cluster zählt mittlerweile zu den bedeutendsten Wachstumsbranchen in den neuen Bundesländern mit einem Produktivitätsniveau auf Weltniveau. Als vorbildlich wird auch der länderübergreifende "Strategiedialog Chemie" zwischen Politik und Wirtschaft herausgestellt, der sich u.a. mit den Themen Innovation, Investitionsförderung, Unternehmensgründungen und Innovationszentren befasst. Das Cluster hat jedoch bislang nach Ansicht der Experten sein Potenzial, das sich aus den Outsourcingaktivitäten von Großunternehmen der Chemie- und Kunststoffbranche bietet, noch nicht voll ausgeschöpft.
Ausgewählte deutschlandspezifische Ergebnisse
Zwar gab es auf Länderebene bereits seit den 1980-er Jahren erste Einzelprogramme zur Förderung von Netzwerkstrukturen, der Begriff "Clusterpolitik" wird jedoch erst seit drei bis vier Jahren explizit verwandt. Ziel des damit einhergehenden neuen Ansatzes ist es, die vorhandenen Ressourcen zu bündeln und die bisher zum Teil unstrukturierten Aktivitäten in diesem Bereich zu einer Clusterstrategie des jeweiligen Landes zusammenzufassen.
1995 startete das Bundesforschungsministerium den BioRegio-Wettbewerb, dessen Hauptziel es war, die Bildung von Biotechnologie-Clustern zu fördern. Der Wettbewerb wirkte als Katalysator für die Etablierung der kommerziellen Biotechnologie in Deutschland und förderte die Gründung zahlreicher neuer Unternehmen. Heute ist Deutschland innerhalb der EU das Land mit der höchsten Anzahl an Biotech-Unternehmen. Daher wird BioRegio in der Literatur und von den befragten Experten oftmals als besonders erfolgreiches Förderprogramm charakterisiert.
In den letzten Jahren hat die Clusterpolitik in Deutschland sowohl auf Bundes- als auch auf Länderebene erheblich an Bedeutung gewonnen. Im Jahr 2006 entwickelte die Bundesregierung erstmals eine umfassende High-Tech-Strategie, die die Aktivitäten aller relevanten Bundesministerien koordiniert und in die auch die Clusterstrategie des Bundes eingebunden ist. Die befragten Experten bewerteten dies als eine neue Qualität der Clusterpolitik in Deutschland.
Die Gestaltung einer kohärenten Clusterpolitik in Deutschland könnte nach Ansicht der befragten deutschen Clusterexperten u.a. dadurch gefördert werden, dass die interministerielle Koordinierung auf Bundesebene (BMWi, BMBF und BMVBS) weiter verbessert wird. Ferner sollten die Aktivitäten auf Bundes- und Landesebene im Bereich der Clusterpolitik besser aufeinander abgestimmt werden.
Geplante Einrichtung eines Europäischen Beobachtungsnetzes für Cluster
Die Europäische Kommission plant nach Abschluss des Cluster Mapping Projekts die Einrichtung eines Europäischen Beobachtungsnetzes für Cluster ("European Observatory of Clusters"). Unter Anwendung einer einheitlichen Methodik soll eine Analyse der Dynamik und Entwicklung von Clustern im Zeitverlauf sowie die Untersuchung des Einflusses von Clustern auf die wirtschaftliche Entwicklung von Regionen ermöglicht werden.