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Strategische Unternehmensführung | 2009 Die Vorbereitung des Handwerks auf den demografischen Wandel

Abgeschlossenes Forschungsprojekt

Zusammenfassung

Die Bevölkerung in Deutschland wird bis zum Jahr 2020 stark altern. In einigen Regionen ist bis dahin auch mit einem Schrumpfen der Einwohnerzahl zu rechnen. Von diesen Entwicklungen ist das Handwerk in besonderer Weise berührt: in absatzpolitischer Hinsicht, weil es stark auf die Herstellung personenbezogener Produkte und Dienstleistungen für den deutschen Markt fokussiert ist, in personalpolitischer Hinsicht, weil es bereits heute aufgrund einer vermeintlich oder tatsächlich geringeren Attraktivität Probleme bei der Rekrutierung von Auszubildenden hat. Dies hat negative Auswirkungen auf das zukünftige Fachkräfteangebot. Die Rekrutierungsprobleme des Handwerks werden sich voraussichtlich verschärfen. Ob die Handwerksunternehmen die demografisch bedingten Veränderungen erkennen und ob sie rechtzeitig mit geeigneten Anpassungsmaßnahmen reagieren, untersuchte das IfM Bonn mittels einer Sonderauswertung seiner Demografieerhebung vom Herbst 2007.

Demografischer Wandel birgt auch absatzpolitische Chancen

Das Gros der Handwerksunternehmen hat eine ungefähre Vorstellung von den demografischen Trends in Deutschland, wobei ihr Informationsstand etwas schwächer ausgeprägt ist als der der übrigen Unternehmen. Dies führt aber nicht dazu, dass die Handwerksunternehmen die Folgen des demografischen Wandels, weder im Personal- noch im Absatzbereich, geringer einschätzen als die übrigen Unternehmen. Das Gegenteil ist der Fall. Dies hat gute Gründe. So ist das Handwerk im Absatzbereich mit seinem noch stärker auf Personen und Haushalte ausgerichteten Angebot voraussichtlich auch stärker vom demografischen Wandel berührt als die übrige Wirtschaft. Auch wenn die Handwerksunternehmen selber häufig negative Erwartungen mit dem demografischen Wandel verknüpfen, zeigt eine Analyse ihrer Kundenstrukturen, dass dieser durchaus auch absatzpolitische Chancen in sich birgt. Dies gilt vor allem für Unternehmen, die sich nicht nur auf schrumpfende Kundengruppen wie z.B. Kinder und Jugendliche konzentrieren. Dem Handwerk dürfte es zu Gute kommen, dass seine Produkte und Dienstleistungen stärker als die der übrigen Wirtschaft von Personen jeglichen Alters nachgefragt werden. Es könnte somit von der Zunahme älterer Menschen, deren Kaufkraft zudem noch steigen wird, profitieren.

Mehrheit der Handwerksunternehmen stellt sich bereits auf sich ändernde Kundenbedürfnisse ein

Die absatzpolitischen Chancen der demografischen Veränderungen scheinen viele Handwerksunternehmen auch nutzen zu wollen, haben doch 48 % der Unternehmen mit personenorientierten Produkten ihr bestehendes Angebot bereits heute an die Bedürfnisse älterer Kunden angepasst. 14% haben zudem bereits völlig neue Produkte oder Serviceleistungen für diese Kundengruppe entwickelt. Sie sind damit allerdings seltener aktiv als personenorientierte Unternehmen der übrigen Wirtschaft (25 %). Mit einem Anteil von 10% hat das Handwerk überdies seltener als die übrige Wirtschaft (23%) seine Lokalitäten an die Bedürfnisse Älterer angepasst, z.B. durch den seniorengerechten Umbau von Verkaufs- und Geschäftsräumen.

Anpassungsbedarf im Personalbereich vom Handwerk erkannt

Zwar ist das Problembewusstsein im Hinblick auf die personalpolitischen Herausforderungen aufgrund des demografischen Wandels im Handwerk stärker ausgeprägt als in der übrigen Wirtschaft. Möglicherweise unterscheiden sich aber die Ausgangsvoraussetzungen in diesen beiden Wirtschaftsbereichen. So bestehen bspw. Unterschiede in den Qualifikationsstrukturen und, in der Summe der Unternehmen, auch in den körperlichen Anforderungen an die Mitarbeiter. Infolgedessen lässt sich nur schwer beantworten, wie gut das Handwerk in personalpolitischer Hinsicht auf den demografischen Wandel vorbereitet ist.

Als Hauptprobleme für die Zukunft werden von den Handwerksunternehmen der Mangel an Fachkräften und Auszubildenden, aber auch steigende Personalkosten oder die starke Alterung der Belegschaft genannt. Im Bereich der Nachwuchssicherung ist dann auch die Mehrheit der Handwerksunternehmen aktiv, stärker als die übrigen Unternehmen, wobei sich die Bemühungen des Handwerks vornehmlich auf Formen der betrieblichen Ausbildung richten. Der Akademikerarbeitsmarkt ist für sie von geringem Interesse. Das Thema Familienfreundlichkeit spielt im Handwerk eine mehr als untergeordnete Rolle. Im Bereich Aufrechterhaltung der Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter ist das Handwerk ähnlich stark wie die übrige Wirtschaft aktiv, wobei sich beide Wirtschaftsbereiche in hohem Maße auf gesetzlich vorgeschriebene Maßnahmen fokussieren. Freiwillige Maßnahmen zur Gesundheitsprävention sind nur bei einer Minderheit der Unternehmen anzutreffen.

Die Ergebnisse basieren auf einer Erhebung des IfM Bonn aus dem Herbst 2007. Unter den  725 auswertbaren Fragebögen befanden sich 146 von Handwerksunternehmen. Die Stichprobe schließt Unternehmen ab einer Mindestgröße von fünf Mitarbeitern ein. Sie konnte nach Größenklassen und Branchengruppen, nicht jedoch nach dem Merkmal Handwerkszugehörigkeit geschichtet werden.