Finanzielle Förderung
Hans-Böckler-Stiftung
Projektbearbeitung
In Kooperation mit dem Büro für Sozialforschung (BfS) Kassel
Zusammenfassung
In mittelständischen Unternehmen werden seltener Betriebsräte gegründet als in großen Unternehmen. Gründe und Ursachen für die geringe Verbreitung des gesetzlichen Mitbestimmungsorgans in den mittelständischen Unternehmen waren bis dato weitgehend unbekannt. Im Zentrum der Untersuchung stand daher die Frage, welche Faktoren in den mittelständischen Unternehmen die Gründung von Betriebsräten behindern bzw. fördern.
Einstellung des Geschäftsführers gegenüber der betrieblichen Mitbestimmung hat wesentlichen Einfluss
Trotz der Vorgaben des Betriebsverfassungsgesetzes verfügen lediglich 29 % der mittelständischen Unternehmen (20 bis 499 Beschäftigte) über einen Betriebsrat. Mittelständische Unternehmen ohne Betriebsrat zeichnen sich durch mindestens eines der folgenden Merkmale aus: Sie sind eher klein und haben einen großen Anteil von Frauen in ihrer Belegschaft. In den letzten drei Jahren haben diese Unternehmen eher Personal auf- als abgebaut. Die Geschäftsführer dieser Unternehmen sind zumeist auch ihre Inhaber und selten in einem Arbeitgeberverband organisiert. Ihre Einstellung zur betrieblichen Mitbestimmung ist in der Regel eher negativ, d.h. ein Betriebsrat wird von der Geschäftsführung tendenziell abgelehnt. Darüber hinaus zeichnet sich die Geschäftsführung durch ein eher zentralistisches Entscheidungsverhalten aus. D.h. die Entscheidungsgewalt liegt bei der Geschäftsführung und die Mitarbeiter werden in aller Regel nicht an Entscheidungen beteiligt.
Auffällig ist der große Anteil von Geschäftsführern mit neutraler Einstellung zum Betriebsrat sowohl in Unternehmen mit als auch ohne Betriebsrat (58,8 % bzw. 54,6 %). Die verbreitete Annahme, wonach mittelständische Arbeitgeber per se Mitbestimmung und Mitwirkung von Arbeitnehmern nicht akzeptierten, muss differenziert werden.
Andere Vertretungsformen ersetzen teilweise den Betriebsrat
In 16 % der mittelständischen Unternehmen existieren anstelle von Betriebsräten andere Formen der Arbeitnehmervertretung. Hierbei handelt es sich meist um auf Initiative der Arbeitgeberseite eingesetzte betriebsspezifische Einrichtungen, die der Konsultation und dem Dialog mit den Mitarbeitern dienen. Etwa die Hälfte dieser Beteiligungspraktiken hat keine feste und dauerhafte organisatorische Form. Bei den regelmäßig in Erscheinung tretendenden Formen dieser anderen Arbeitnehmervertretung dominieren Gremien (wie bspw. Runde Tische), in denen der Arbeitgeber auch vertreten ist. Einige dieser regelmäßigen Vertretungsformen weisen aber auch betriebsratsähnliche Strukturen auf: Sie werden von der Belegschaft gewählt und erfüllen teilweise auch betriebsratsähnliche Funktionen. Die mitbestimmungspolitische Bedeutung solcher betriebsspezifischen Einrichtungen ist jedoch zwiespältig. Unabhängig davon, ob diese Form der Arbeitnehmervertretung gewählt wurde, um einen Betriebsrat zu verhindern oder um für das eigene Unternehmen eine "passendere" Form der Mitbestimmung zu haben, in beiden Fällen ist die Mitsprache dieser anderen Vertretungsformen auf den Good-Will der Geschäftsführung angewiesen, da sie über keine gesetzliche Grundlage verfügen.
Die Studie basiert auf einer repräsentativen Online-Befragung mittelständischer Unternehmen mit 20 bis 499 Beschäftigten, an der sich 809 Geschäftsführer, 313 Betriebsratsmitglieder sowie 24 Vertreter anderer Formen der Arbeitnehmervertretung beteiligt haben. Das BfS Kassel führte Fallstudien in 50 Unternehmen dieser Größe durch.