Nachhaltigkeitsaspekte bei Öffentlichen Ausschreibungen sollten KMU-freundlich umgesetzt werden
"Prinzipiell ist es zu begrüßen, dass die Bundesregierung die öffentliche Vergabe mit dem Ziel novellieren will, diese effizienter und nachhaltiger zu machen. Doch sollten die Folgewirkungen für kleine und mittlere Unternehmen mitbedacht werden", erklärt Dr. Nadine Schlömer Laufen, Projektleiterin im Institut für Mittelstandsforschung (IfM) Bonn. Ihr Forschungsteam hat sowohl Stellungnahmen aus einer öffentlichen Konsultation des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz ausgewertet als auch eine umfangreiche Literaturanalyse durchgeführt. Dabei zeigte sich, dass insbesondere kleine und mittlere Unternehmen (KMU) in jeder Phase des Vergabeprozesses Hemmnisse erfahren – von der Suche nach geeigneten Ausschreibungen bis hin zur Angebotsabgabe. Dies führt häufig dazu, dass die KMU trotz prinzipiellen Interesses an öffentlichen Ausschreibungen im Einzelfall auf die Teilnahme daran verzichten.
Als die größten Hürden identifizierte das IfM-Wissenschaftlerteam fehlende Informationen seitens der Vergabestellen und schwierige Kontaktmöglichkeiten, eine geringe Anwenderfreundlichkeit auf den digitalen Plattformen, zu hohe Anforderungen der Ausschreibung sowie übermäßige Bürokratie. Würde nun noch zusätzlich die nachhaltige Beschaffung im Zuge öffentlicher Vergaben gestärkt, würde das sowohl die Anforderungen als auch den bürokratischen Aufwand für KMU weiter erhöhen. Beides wird schon jetzt als zu hoch empfunden. Um jedoch eine rechtssichere nachhaltige Vergabe sicherzustellen, muss die Vergabestelle entsprechende Anforderungen an Bieter stellen und Nachweise von den Bietern fordern.
Um die Hürden für KMU nicht weiter zu erhöhen, sollte die geplante Novellierung nach Ansicht der IfM-Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in zwei Stufen erfolgen: Zunächst sollten die bestehenden Hemmnisse für die KMU im Vergabeprozess abgebaut werden – und erst dann sollte die öffentliche Vergabe nachhaltiger ausgerichtet werden.
"Eine Alternative zur zweistufigen Umsetzung der Novellierung könnte auch sein, dass man die nachhaltige Beschaffung zwar stärkt, allerdings auf die Forderung zusätzlicher Nachweise verzichtet. Auf diese Weise würde vermieden, dass der bürokratische Aufwand und die Anforderungen für die KMU weiter steigen. Dadurch würden Vergabeentscheidungen zwar weniger rechtssicher. Am Beispiel anderer Staaten mit innovationsfreudiger öffentlicher Beschaffung zeigt sich jedoch, dass dieses Vorgehen ein funktionierendes Modell sein kann", so Dr. Nadine Schlömer-Laufen.