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Pressemitteilung Wirtschaften unter schwierigen Bedingungen

Diese Rahmenbedingungen helfen Unternehmerinnen und Unternehmer aus Sicht der Wissenschaft

"Wir konzentrieren uns darauf, den Verwaltungsaufwand für Unternehmen zu reduzieren. Der Bürokratieabbau ist besonders für KMU wichtig. Sie haben im Vergleich zu größeren Unternehmen weniger Zeit und Ressourcen, wenn es um die Erfüllung von Informations- oder Meldepflichten geht. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz überarbeitet seine Methoden zum Bürokratieabbau und hat ein neues Verfahren entwickelt, den sogenannten ‘Praxis-Check‘. In Workshops mit Experten vor Ort, wie zum Beispiel betroffenen Unternehmerinnen und Unternehmern, untersuchen wir einen konkreten Fall aus der Praxis. Unser Ziel ist es, dieses Wissen zu nutzen, um Hemmnisse zu identifizieren und praktikable Regelungen zu schaffen", erklärte Dr. Armgard Wippler, Leiterin der Unterabteilung für Mittelstandspolitik im BMWK bei der heutigen Eröffnung des International Roundtable on SMEs in Berlin. Im Rahmen der Veranstaltung diskutierten international renommierte Entrepreneurshipforscherinnen und -forscher ihre aktuellen Forschungsergebnisse mit Vertreterinnen und Vertretern aus der Mittelstandspolitik und Wirtschaft.

In ihrer Einführung ging Prof. Dr. Dr. h.c. Friederike Welter (IfM Bonn/Universität Siegen) auf das im September veröffentliche KMU-Entlastungspaket der Europäischen Kommission ein: "Prinzipiell zu begrüßen ist, dass die Kommission die kleinen und mittleren Unternehmen bei der ökologischen Transformation und Wettbewerbsfähigkeit stärken sowie generell ein unternehmerisch, freundliches Umfeld schaffen möchte. Zum Teil sind die geplanten Maßnahmen jedoch zu kleinteilig. Auch sollten derartige Unterstützungsmaßnahmen immer zeitlich begrenzt sein."

Hilfreiche Ansätze für den weiteren Bürokratieabbau

Potenzial für den Abbau von bürokratischen Belastungen gibt es nach Ansicht von Sebastian Schneider (IfM Bonn) auch bei öffentlichen Ausschreibungen. So werden häufig umfangreiche Anforderungen und Nachweispflichten im Zuge öffentlicher Vergabeverfahren von den Bietern gefordert. Daneben erschweren fehlende Informationen und schwierige Kontaktmöglichkeiten zur Vergabestelle sowie die mangelnde Anwenderfreundlichkeit auf den digitalen Plattformen den kleinen und mittleren Unternehmen die Beteiligung. Es gäbe zwar durchaus eine Vielzahl an Lösungsmöglichkeiten hierfür – aufgrund knapper personeller Ressourcen in den Vergabestellen würden diese jedoch teilweise nicht umgesetzt. Deshalb erscheint eine bessere Ausstattung der Vergabestellen zentral, um die Hemmnisse für die KMU im Vergabeprozess abzubauen.

Wie der wahre bürokratische Aufwand in kleinen und mittleren Unternehmen der Politik sichtbar gemacht werden kann, zeigte Prof. Dr. Dr. h.c. Volker Wittberg (Fachhochschule des Mittelstands, Bielefeld) anhand einer neuen Berechnungsmethode auf: Dabei wird die Belastung durch Rechtsvorschriften in Form der jährlichen Kosten und der Umsetzbarkeit bezogen auf die Engpässe angegeben.

Bestehende Ungleichheit reduzieren

Nach Untersuchungen von Prof. Dr. Christina Günther (WHU – Otto Beisheim School of Management, Vallendar) werden weiterhin Migrantinnen auf dem Arbeitsmarkt benachteiligt: Im Schnitt verdienen sie 10 Prozentpunkte weniger als Kolleginnen ohne Migrationshintergrund. Eine Alternative zur Festanstellung stelle für sie daher die Selbstständigkeit dar: "Migrantinnen, die sich selbstständig machen, sind nicht nur zufriedener mit ihrer Lebenssituation, sondern auch finanziell besser gestellt als angestellte Frauen mit Migrationshintergrund“, berichtete Prof. Dr. Christina Günther.

Die Einkommensunterstützung für Unternehmerinnen und Unternehmer im Vereinigten Königreich war während der Corona-Pandemie ungleichmäßig aufgebaut, so dass viele von der Einkommenssicherung ausgeschlossen waren. Prof. Julia Rouse (Manchester Metropolitan University/UK) erläuterte die verfahrenstechnischen und politischen Prozesse, die zu den Lücken in der Unterstützung führten. Zugleich äußerte sie die Befürchtung, dass die Vorbereitungen auf eine umfassendere Krisenbewältigung in der Zukunft auch durch die politischen Prozesse behindert werden könnten.

Auf welche Weise Unterstützungsprogramme für kleine und mittlere Unternehmen evaluiert werden können und welche organisatorischen Voraussetzungen dafür schon in der Planungsphase mitgedacht werden müssen, zeigte Dr. Christoph Sajons (ifm Mannheim) anhand des aktuellen Beispiels der internationalen Hilfsmaßnahmen für ukrainische KMU in Folge des russischen Angriffs auf die Ukraine. Sein Fazit: "Die Evaluation von Unterstützungsmaßnahmen ist extrem wichtig, es fehlt aber in den Geber-Institutionen in der Regel noch das richtige Verständnis dafür, wie man das sinnvoll angehen muss.“ Eine Berücksichtigung von Evaluationsrichtlinien wie die der OECD wäre an dieser Stelle sehr hilfreich. Ergänzend zu den verschiedenen Vorträgen hob Lora Pissareva (Policy Analyst bei der OECD Centre for Entrepreneurship, SMEs, Regions and Cities (CFE), Paris/Frankreich) hervor, dass kleine und mittlere Unternehmen besonders von der Integration in verschiedenen Netzwerken profitieren, um ihre Weiterentwicklung zu beschleunigen.